2. Bundesliga
Spieltag 10 - 29. Oktober 2010

Arminia Bielefeld - 1. FC Union Berlin 1:2 (0:0)
Das Protokoll eines Auswärtssieges von... Holger (Eiserner Messias)

8.30: Der Wecker klingelt. Kurz geschüttelt. So früh? Am Freitag? Ach ja, deswegen studier ich ja. Hat man am “Wochenende” Zeit für Fußball. Heute ist ein schöner Tag, um einen Auswärtssieg einzufahren.

8.45: Wetterprognose für Bielefeld: 17 Grad. Handschuhe und Mütze wandern zurück in die Schublade. Heute wird ein schöner Tag. Vor meinem inneren Auge schießt Uwe Möhrle aus 52 Metern und die Fußballweisheit vom 93 Minuten dauernden Spiel passiert Revue. Ich ziehe das Heimtrikot 08/09 an. Hatte ich neulich auch an, als wir in Aachen gewonnen haben. Wird also auch dieses Mal klappen.

9.30: Ein paar Kaffee später gehe ich noch einmal schnell die Checkliste durch. Zugticket, Kamera, Bier, Zahnbürste. Wirklich alles drin im Auswärtsbeutel. Mutti wär’ stolz auf mich. Kann also losgehen.

9.45: Der Fürst von Lichtenberg verlässt die Straßenbahn und entert die Warschauer Straße. Ein formvollendeter Jutebeutel ziert seine rechte Schulter. Inhalt: Bier und Zahnbürste. Und Wechselschlüpper. Der Mann denkt einfach an alles.

10.30: Abfahrt am Ostbahnhof.

12.37: Zwischenstopp in Hannover. Das Salamibaguette bei Le Crobac ist um ein vielfaches teurer als in Berlin. Angesprochen auf diesen skandalösen Umstand wispert die Verkäuferin, andere Produkte seien dafür preisgünstiger. Da sie nicht weiß, um welche es sich dabei handelt und auch sonst nur äußerst dürftig Beweisführung betreibt, entschließen wir uns schweren Herzens ihr mitzuteilen, dass es in Hannover scheiße ist.

13.51: Ankunft in Bielefeld. Siggikowsky erwartet uns. Wieder einmal wird der fatale Fehler begangen, bei Subway ein Brot zu bestellen. Was zunächst simpel klingt, endet jedes Mal hochwissenschaftlich. Den Döner mit alles hätte man vermutlich schon verzehrt, als der Subwaysystemgastronom noch fragt, ob man den Fipsel Paprika denn gerne gedünstet, gekocht, halbgar, knackig frisch oder doch lieber einfach nur ins Brötchen gerotzt haben mag. Das ganze - na logo - auf Englisch. Der Fürst gibt derweil noch schnell einen Lottotipp ab. Ob er sich bei einem Gewinn von 34,50 ,- wohl noch einmal zur Gewinnausschüttung hierher bewegen würde?

14.30 - 16.30: Nicht teilnehmende Beobachtung in Dr. Oetkers Vorgarten. Schöner Teich, tolle Enten. Ist irgendwie wie in Bielefeld hier.

16.31: Fußweg zum Stadion. Ein kurzes Stelldichein an Peters Bierstand. Dufter Typ. Wohnt direkt am Stadion, ist mittlerweile Rentner und verkauft von seinem Privatgrundstück aus Getränke für einen Euro. Gewerbeschein hat er. Darf das Bier aber nur ungeöffnet verkaufen und trinken darf man es erst, sobald man sich 2,27m von seinem Stand entfernt hat. Die Himmelsrichtung spielt hierbei der Einfachheit halber keine Rolle.

16.45: Eintrittskartenkauf. Bekannte Gesichter begrüßen, den Superpädagogen raushängen lassen. Sich über die Größe der Bratwurstbrötchen mokieren und sich schweren Herzens dazu entschließen, dem Verkäufer mitzuteilen, dass Bielefeld scheißer ist als wie Hannover.

17.00: Die Alm ist erklommen. Heute ist ein schöner Tag und mit dem Auswärtssieg klappt es heute ganz sicher. Vielleicht.

18.00: Anpfiff.

18.15: Chinedu Ede verfehlt aus fünf Metern Entfernung völlig freistehend das Tor. Den hätte sogar Mosqu… - Naja, zumindest an den Pfosten geschossen.

18.35: Ich bin beeindruckt. Unsere Jungs machen deutlich, dass sie hier heute den Bock unbedingt umstoßen wollen. Mir imponiert, mit welch breiter Brust sie hier auftreten, als hätte es nie eine Negativserie gegeben. Bielefeld wird klar beherrscht - bestimmt mindestens 65% Ballbesitz für uns. Nur im Spiel nach Vorne hapert es noch ein wenig. Für meinen Geschmack werden zu viele Bälle zu früh aus dem Halbfeld auf gut Glück in die Mitte geschlagen. Trotzdem hat man das gute Gefühl, dass man hier und heute in der Lage sein wird, eine völlig verunsicherte und zugegebenermaßen auch nicht zweitligataugliche Arminentruppe zu bezwingen.

18.40: Schrecksekunde. Der allererste Torschuss der Bielefelder hätte beinahe den Spielverlauf auf den Kopf gestellt. Neuvilles Schuss wird abgefälscht und flutscht denkbar knapp am Pfosten vorbei. Bis zur Halbzeit merkt man, dass die Sicherheit im Spiel des 1.FCU abhanden gekommen ist und Bielefeld Morgenluft wittert. So leicht schütteln sich Negativerlebnisse wohl doch nicht aus den Klamotten.

19.16: Freistöße bei Union nach Schema F: Mattuschka schlägt einen langen Ball an den zweiten Pfosten, wo ein mindestens zwei Meter großer Mensch zur Kopfballverlängerung bereitsteht. Dieses Mal handelt es sich hierbei um Sportkamerad Stuff, der seinen Gegenspieler zum wiederholten Male überspringt, ohne springen zu müssen. Der Ball fliegt gefühlte drei Minuten durch den Fünfmeterraum, ehe ihn der Peitzer leidenschaftlich in die Maschen wuchtet. Was ‘ne geile Sau. Dann kann die Party im Gästeblock ja steigen. Heute ist ein schöner Tag und das mit dem Auswärtssieg, das wird heute klappen!

19.18: Vielleicht auch nicht.

19.19: Ist der Glinker da eben wirklich so “unglücklich” an der Flanke vorbeigeflogen, wie ich das wahrgenommen habe? Ist er? Scheiße.

19.27: Nachdem das sich das Spiel auf bescheidenem Niveau eingependelt hat, reagiert Neuhaus: Quiring kommt!

19.29: Eine Ecke segelt von links in den Strafraum, Benyamina bringt den Hinterkopf an den Ball, dieser wird länger und länger, fliegt auf die lange Ecke zu, bitte, lieber Fußballgott, lass ihn nicht zu lang sein, lass ihn sich senken, jetzt, tu es einfach, schließlich bin ich schon wieder in Bielefeld und nicht zum Spaß hier, drin, drin, drin ist er! Freudenfeuer, Eskalation, AUSWÄRTSSIEG!

19.32: Hab ich eigentlich schon Tor geschrien? TOOOOOOOOOOOOOOOOOR!

19.43 + 19.45: Damit die B.Z. was zu meckern hat und Glinker nicht allein im Regen steht, visiert John Jairo bei zwei Alleingängen auf Torwart Eilhoff erst den linken, dann den rechten Innenpfosten an.

19.48: Jaaaaaaa! Es ist vollbracht, drei Punkte in Bielefeld. Mannschaft, Trainer und Fans feiern gemeinsam und demonstrieren Zusammenhalt. Da kann der Boulevard so viele Giftpfeile schießen, wie er mag. Diese Tugend lassen wir uns so schnell zum Glück nicht kaputtmachen.

19.49: Kopf hoch Jan, Kopf hoch JJ. Gegen Oberhausen werden wir nachlegen, auch dank Eurer Hilfe!

20.00: Wir gehen dann noch mal eben beim Peter vorbei.

20.30: Der Fürst lässt zur Feier des Tages eine Flasche Bier im Auswärtsbeutel platzen. Operation Schlüpperrettung scheitert, Operation Auswringen beginnt. Das zu erwartende Zahnputzerlebnis: Hmmmm.

20.35: Bielefeld scheint plötzlich der perfekte Drehort für die Nachahmung der Eröffnungssequenz des ersten Werner-Streifens. Bernie Blindmann und so, ihr wisst schon. Was man dazu braucht? Einen Fußball, drei verstrahlte Typen, ein paar Mitmachwillige Bielefelder Komparsen. Fertig ist die Laube. Und auch hier der Sieger: 1.FC Union Berlin.

21.00 - 01.30: Ein Meilenstein unserer Kneipenkarriere.

02.00 - 03.00: Keiner von uns ist mehr gewillt, ein funktionsfähiges Subway-Sandwich zusammenzustellen. Wir nehmen einen Döner mit alles. Und freuen uns über betrunkene Engländer, die erst pöbeln, dann aber mit einem einfachen “LIVERPOOL”-Ruf unsererseits besänftigt und plötzlich unsere besten Freunde sind. Dass der Fürst im Gespräch heimlich andauernd Chelsea sagt, wen juckt’s.

09.30: Rückfahrt mit dem Wochenendticket. Und zum Schluss noch was für die Statistik: Dem 1.FC Union ist jetzt schon seit 17 Minuten kein Tor mehr auf fremden Plätzen geglückt. Nur so als Aufhänger für die nächste Berichterstattung, lieber Medienpartner.

Holger

Und nur um wenige Minuten den Redaktionsschluß verpasst hat... Rueue

Brocken, näh, wat der immer sacht: Ihre Schwester wohnt in Bielefeld! In Bielefeld! Als ob dat wer weiß was wär! Und wie se das immer ausspricht: Bie-leh-fehld! Nä, ich kann das nicht mehr hören! 'Meine Schwester Elfriede aus Bie-leh-fehld', nä – weißt de, wo dat dämliche Schwein wirklich wohnt? In Schuckenbaum! In den pissigen Schuckenbaum! Von wegen Bie-leh-fehld, Schuckenbaum! Dat liegt auffe andere Seite vonne A2, auffe Arme-Leute-Seite! Da wo die Dosenfresser wohnen, die keine Arbeit haben und alles, da wohnt dat Schwester von unsern balüsigen Mamma. Schuckenbaum, die haben schon LIP, nä, haben die schon auffem Schild, nä, LIP, drei Buchstaben! Weißte gleich, das sind Kaputte oder quasi ausse SBZ, nä, weißte sofort. Schuckenbaum in LIP - nä, von wegen Elfriede aus Bie-leh-fehld, dat blöde Schwein, lebt in so 'nen Erdloch oder wat die da haben in den schmierigen Schuckenbaum. Bie-leh-fehld, dat hätte se gerne, da lassen die solche doch gar nich rein! Wat die sich alles so vorstellen! Dafür gibt's ja sagen wir mal sowas wie Schuckenbaum, dat nich jedes dämliche Kamel gleich nach Bielefeld zieht! Mit Blagen und Köter und allet! Nee, sagen sich die, die da zu sagen haben, nä, bleibt ihr man fein in Schuckenbaum, ihr Kaputten! Meine Meinung nach wird das viel zu wenig gesacht! Hier siedelt ja jeder Franz wo er will, auf Deutsch gesagt, Bielefeld, da sind die meisten doch viel zu schlampig für! Meine Meinung, nä, viel zu schlampig! - Willi Deutschmann

Bielefeld also. Geografisch und städtetechnisch jetzt nicht sooooooooo aufregend wie uns die kleine vorangestellte Ode vermitteln möchte. Aber auf Grund der momentanen sportlichen Situation vielleicht DER Ort, an dem mal wieder was zu holen ist. Auswärts. Wo, wenn nicht dort? So dachte ich es mir und schloss mich diesmal einer mir in dieser Konstellation recht neuen, aber wirklich angenehmen Reisegruppe an. Recht früh machten wir uns auf den Weg. Die Sonne geleitete uns, es gab superbe Musik und so verging die Fahrt wie nix. Ein Mitreisender fragte dann doch plötzlich und unvermittelt nach den siegreichen Auswärtserlebnissen, wohlgemerkt in der 2. Bundesliga, der einzelnen Buspassagiere. Hmm, erstmal Schweigen im Walde, auch ich musste gründlichst überlegen. Denn soviele Siege hat unser Team auswärts bis dato nicht geholt, nämlich genau 14 in 3 Spielzeiten. Und ich konnte mich so auf Anhieb grad mal an fünf erinnern, denen ich beiwohnte. Nach Recherchen aber kann ich sagen, dass ich immerhin 8 der 14 Auswärtssiege miterlebte. Bis hierhin!!! ?

Überpünktlich erreichten wir den Zielort und so freute ich mich schon, noch schnell einem meiner neueren Hobbys frönen zu können, dem Geocaching. Wer das nicht kennt, dem sei kurz und knapp gesagt, dass es sich hierbei um eine Art Schatzsuche handelt. Jedermann kann irgendwo irgendwas verstecken und gibt die Koordinaten preis, so dass andere den Schatz finden können. Weltweit gibt’s mittlerweile ca. 1,2 Mio. davon. Nun befindet sich eben in Stadionnähe so ein Cache. Versteckt in einer alten Dampfmaschine, aber leider auch mitten auf einem Kinderspielplatz, so dass ich in Anbetracht der vielen Uniformierten und sonstigen großen und kleinen Muggel (= störende Passanten) es vorzog, nicht aufzufallen und ließ den Cache sausen. Schade drum.

So umkurvte ich noch mal lässig den Ground, kaufte mir eine Karte und stieg die Himmelstreppe zum Gästeblock hinauf. Mal ehrlich, für Sportskanonen wie mich ja kein Problem, aber der gemeine Fußballfan hat da schon ordentlich zu tun, und nicht wenige Unioner japsten und schnauften ganz schön nach der Tortour. Hehe. Komischerweise hatte ich das Stadion und den Gästeblock ganz anders in Erinnerung, aber ich war auch vor langer Zeit, genau gesagt in der Saison 01/02 beim *hüstel* 1:4, zuletzt dort. Schöner ist es aber seitdem nicht geworden, die verschwundenen Millionen der Arminia müssen woanders versickert sein.

Union startete gegenüber dem letzten Auftritt in Augsburg unverändert. Das überraschte nicht, denn auf Grund der Verletzungssituation stellt sich das Team ja fast von allein auf. Und es setzte sich prompt fort, was schon in den letzten Spielen auffiel, nämlich die Dominanz über den Gegner bei minimalster Torausbeute. Und hinten, ja hinten haben wir dann das Pech, dass Jan Glinker nicht gerade seine beste Phase hat. Ich bin ja der Meinung dass wir ein Torwartproblem haben, aber nicht so wie ihr jetzt denkt, sondern ich finde, Glinker hat einfach nicht den Druck eines zweiten starken Mannes im Rücken. Ich wohne zwar nicht den Trainingseinheiten bei, aber ich habe die Vorbereitungsspiele gesehen, und da machte Marcel Höttecke nun nicht gerade den besten Eindruck. Ich hoffe, dass man das in den Griff bekommt. Im Angriff scheint ja nun so langsam der Knoten zu platzen, auch wenn wieder viel zu viele Tormöglichkeiten ungenutzt blieben. Ich will jetzt nicht alle aufzählen, aber allein Moskito mit seinen beiden Pfostenschüssen kann einen schon verrückt machen. Nun ja, diesmal ging es endlich mal gut aus, auch weil andere, wie diesmal Peitz, für die unglücklichen Angreifer in die Bresche springen und Buden machen. Die Stimmung im Unionblock war super. Mitte der zweiten Halbzeit gab’s nen kleinen Hänger, aber ansonsten wurde durchgehend gesungen. Und weil der Gästeblock nur nach zwei Seiten, nämlich nach vorn und nach rechts, offen ist war es auch gut laut. Von Bielefeld habe ich wenig gehört, das kann aber auch daran liegen dass die eigenen Gesänge das überdeckt haben.

Entsprechend dem Ergebnis wurde dann nach Spielschluss endlich mal wieder ausgelassen gefeiert bevor die Crew sich auf die Bahn gen Heimat begab. Und diese Rückfahrt zog sich echt wie oller Kaugummi. Erst musste ein zugestauter Engpass kurz vor Hannover umfahren werden und dann war da auch noch die Sperrung der A10, so dass wir geschlagene 7 Stunden benötigten, um wieder zum Ausgangsort zu gelangen. Aber die Musik war immer noch spitze, die Stimmung war ausgelassen und so lässt sich auch die längste Fahrt ertragen. Ach und danke an den Fahrer! Gern wieder!

Rueue

Tore: 0:1 Peitz (62.), 1:1 Berisha (64.), 1:2 Benyamina (73.)
Zuschauer: 10.112
Schiri: Robert Kempter

Bielefeld: Eilhoff, Schuler (88. Mustafi), Fischer, Schöneberg, di Gregorio, Bölstler, Abelski , Heidinger , Manga Guela (78. Quane), Neuville (69. Hernandez), Berisha

1. FC Union Berlin:
Glinker, Stuff , Kohlmann, Thomik, Göhlert, Peitz, Menz, Mattuschka (92. Rauw), Ede (72. Quiring), Mosquera, Benyamina (87. Savran)

Dank an Holger für die Bilder - und nun noch die Pics von Rueue

Dank an Holger für Bericht + Bilder!